«Die Maas bei Dordrecht» von Aelbert Cuyp. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marc Visser/dpa)

Aelbert Cuyp: Im Bann des goldenen Lichts

Behäbig liegen die Kühe am Fluss, ein Reiter fragt den Kuhhirten nach dem Weg zur Stadt, man sieht sie in der Ferne liegen, im Dunst des Flusses.

Darüber wölbt sich ein weiter Himmel mit dramatischen Wolken. Die Sonne taucht die Idylle ein in ein goldenes Licht. Dieses Licht sollte den holländischen Maler Aelbert Cuyp (1620-1691) weltberühmt machen.

1660 malte der Rembrandt-Zeitgenosse diese Flusslandschaft. Sehr typisch, sagt der Konservator des Dordrechts Museums, Sander Paarlberg. «Cuyp war der Meister des goldenen Lichts.»

Der Maler wurde vor 401 Jahren in der damals blühenden Hafenstadt Dordrecht nahe Rotterdam geboren. Jetzt – wegen der Pandemie ein Jahr später als geplant – ehrt das Kunstmuseum den Maler mit der umfangreichen Ausstellung «Im Licht von Cuyp». Über 60 Meisterwerke, Leihgaben internationaler Sammlungen,werden gezeigt.

Und zum ersten Mal befasst sich eine Ausstellung auch mit dem großen Einfluss des Holländers auf die britischen Landschaftsmaler Thomas Gainsborough, John Constable und William Turner.

Die Geschichte von Cuyp ist ein sehr ungewöhnliches Kapitel der Kunstgeschichte. «Er war eigentlich nur ein lokaler Künstler», sagt der Konservator. Bürger der Stadt, Regenten und Kaufleute kauften seine Werke. Und seine Heimatstadt prägte seine Kunst.

Boote, Wasser, Licht und Wolken

Dordrecht, damals eine Handelsmetropole, liegt bis heute wie eine Insel zwischen breiten Flüssen wie der Alten Maas. Die Häfen reichen bis ins Zentrum der Stadt. Und damals im 17. Jahrhundert prägten die Frachtschiffe mit ihren großen aufgeblähten Segeln das Stadtbild.

Cuyp malt die Spiegelungen der Segel und Boote im Wasser, des Lichts und der Wolken. Im fruchtbaren grünen Umland grasten Kühe, von denen der Holländer besonders fasziniert war, sagt Paarlberg. «Er war auch ein sehr guter Tiermaler.» Der Konservator weist auf das täuschend echt gemalte Fell.

Doch Cuyp ist vor allem ein Landschaftsmaler. Er zeigt, wie sich eine Landschaft durch unterschiedlichen Lichteinfall verändert. Und das wirkt so realistisch, dass später die englischen Maler davon überzeugt waren, er habe mit seiner Staffelei am Fluss gestanden. Doch das schließt der Konservator aus.

Erst 50 Jahre nach seinem Tod kam der internationale Ruhm. Viele Legenden ranken sich darum, wie das erste Cuyp-Gemälde aus Dordrecht nach England gelangte. War es ein Schweizer Kaufmann, der es gegen Uhren eingetauscht hatte?

Cuyp-Hype in England

In England war man begeistert. «Es gab einen wahren Cuyp-Hype», sagt Paarlberg. Die Aristokratie kaufte die Gemälde – ein Landhaus ohne eine Landschaft des holländischen Meisters war nicht denkbar. Auch das britische Königshaus gehörte zu den Liebhabern. Zwei ihrer drei Cuyps stellte die Queen nun zur Verfügung. Eine seltene Ehre.

Möglicherweise war man in dieser Rage so weit gegangen und hatte ein ungewöhnlich langes Dordrecht-Panorama durchgesägt. Aus eins mach zwei, sozusagen. Beide Bilder – die «Ansicht der Maas bei Dordrecht» im Besitz eines Kunstmuseums in Los Angeles sowie die «Ansicht von Dordrecht» des Museums der bildenden Künste in Leipzig – gehören eigentlich zusammen, wie neueste Untersuchungen des Dordrechts Museums belegen. Sie hängen nun erstmals wieder nebeneinander und sind nach der Schau in Dordrecht auch in Leipzig zu sehen.

Die Cuyp-Manie führte zum Totalausverkauf. Als die heimischen Sammler Cuyp entdeckten, war in den Niederlanden kein einziges seiner Gemälde mehr zu finden.

Inspiration für die Romantiker

In England waren aber auch Künstler vom Fieber ergriffen. Romantiker wie Gainsborough, Constable und Turner waren betört, sagt Paarlberg. «Sie waren begeistert, wie klar die Bilder waren, sonnig, hell.» Turner reiste sogar mehrfach nach Dordrecht, um selbst das Geheimnis des Lichts von Cuyp zu erforschen.

Nun ist deutlich zu sehen, wie sehr der Holländer die Engländer inspirierte: das warme Licht, die ruhigen holländischen Landschaften, Schiffe, Kühe und immer wieder die dramatischen Wolken. Sie kopierten seine Motive und brachten auch ihre Landschaften zum Leuchten – mit dem Licht von Cuyp.

Von Annette Birschel, dpa

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