Michelle McLeod (l-r) als Mejal, Sheila McCarthy als Greta, Liv McNeil als Neitje, Jessie Buckley als Mariche, Claire Foy als Salome, Kate Hallett als Autje, Rooney Mara als Ona und Judith Ivey als Agata in einer Szene des Films "Die Aussprache". (Urheber/Quelle/Verbreiter: Michael Gibson/Orion Releasing LLC/Universal/dpa)

Drama «Die Aussprache» über die Macht von Frauen

Ein paar Frauen sitzen in einer Scheune und diskutieren. Damit aus dieser eher trockenen Grundkonstellation ein spannender Film wird, muss viel stimmen. So wie in «Die Aussprache». Das Drama ist für einen Oscar als «Bester Film» nominiert.

Ein herausragendes Ensemble um die Schauspielerinnen Rooney Mara («Nightmare Alley»), Claire Foy («The Crown») und Frances McDormand («Nomadland») trifft auf eine intelligent erzählte Geschichte. Auch für das beste adaptierte Drehbuch geht der Film ins Oscar-Rennen.

«Die Aussprache» ist ein emotionaler Film über den Glauben und die (Ohn-)Macht von Frauen, verhandelt nur über die Gespräche, deren Zeuge wir werden. Im Zentrum steht eine Gruppe von Frauen einer abgeschiedenen Religionsgemeinschaft. Sie haben herausgefunden, dass Männer der Gemeinde sie jahrelang nachts systematisch betäubt und vergewaltigt haben. Lange wussten die Frauen nicht, was passiert war, wenn sie morgens mit Verletzungen aufwachten.

Der Film beruht auf wahren Ereignissen

Der Film von Regisseurin Sarah Polley basiert auf dem gleichnamigen Roman der Autorin Miriam Toews, die in einer mennonitischen Gemeinde aufwuchs, einer evangelischen Freikirche. Die Lebensweisen der mennonitischen Gemeinden sind unterschiedlich. Gemein haben die Mennoniten zum Beispiel, dass sie überzeugte Pazifisten sind. In Toews‘ Roman und auch im Film geht es um eine Gemeinde, in der Frauen Zöpfe und lange Kleider tragen und weder lesen noch schreiben können.

Der Roman «Die Aussprache» beruht auf einem wahren Fall, der noch gar nicht lange her ist. 2009 wurden sieben Mitglieder einer Mennoniten-Siedlung im Osten Boliviens wegen der Vergewaltigung von mindestens 60 Mädchen und Frauen der Gemeinschaft angeklagt. Doch im Film wird nicht benannt, in welcher Zeit und an welchem Ort das Geschehen spielt. Auch welchen Glauben die Frauen haben, wird nicht beantwortet.

Wir folgen im Film den Frauen, die in besagter Scheune diskutieren, wie ihre Zukunft aussehen soll, während die Männer gerade nicht da sind. Sollen sie den Männern vergeben und dableiben? Sollen sie dableiben und kämpfen? Oder die Gemeinde verlassen?

Die Macht des Diskurses

In emotionalen Diskussionen treffen unterschiedliche Auffassungen aufeinander. Sind nur die Männer schuldig? Oder auch die Frauen, indem sie frühere Angriffe verziehen und dadurch indirekt weitere ermöglicht haben? Oder niemand, weil alles nur eine Folge eines unterdrückerischen Systems ist? Fragen wie diese erinnern an die #MeToo-Debatte. Doch «Die Aussprache» ist mehr als eine Auseinandersetzung mit aktuellen Themen.

Immer wieder kehren die Frauen zu der für sie zentralen Frage zurück, welche Handlungen sich aus ihrem Glauben ergeben, und denken darüber nach, was «gut» ist.

Die Dynamik, die sich während dieser Gespräche ergibt, ändert sich oft. Mal sind die Frauen wütend, streiten miteinander, dann wieder stimmen sie gemeinsam ein Lied an, um ihre schweren Verletzungen zu lindern. In kurzen, schockhaften Rückblenden werden den Zuschauern auch einzelne der körperlichen Verletzungen gezeigt.

Der einzige Mann, der eine wichtige Rolle im Film spielt, ist der sensible Lehrer August (Ben Whishaw), den die Frauen bitten, Protokoll über ihre Diskussionen zu führen. Er wird Zeuge der Diskussionen – und am Ende einer Entscheidung, die das Leben der Frauen wohl für immer verändern wird.

Von Lisa Forster, dpa

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