In «Tár» spielt Cate Blanchett eine Chefdirigentin der Berliner Philharmoniker. Nina Hoss (l) verkörpert ihre Partnerin. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Cinzia Camela/LPS via ZUMA Press Wire/dpa)

Filmfestspiele Venedig enden mit Preisverleihung

Eine Geschichte über die Chefdirigentin der Berliner Philharmoniker, der neue Film des inhaftierten Regisseurs Jafar Panahi oder ein feministisches Drama um einen Mordprozess? Am Samstagabend wird bei den Filmfestspielen Venedig der Goldene Löwe vergeben. Einige Werke stehen in der Kritikergunst oben, einen klaren Favoriten gibt es allerdings nicht. Zum Ende des Wettbewerbs erregte am Freitagabend die Premiere des neuen Films des im Iran inhaftierten Regisseurs Jafar Panahi Aufmerksamkeit.

Panahis Drama thematisiert die Schwierigkeiten vieler Iraner, ihr Land zu verlassen. Panahi (62) spielt sich selbst. Einige Kritiker bezeichneten «No Bears» am Samstagmorgen als Panahis bis dato bestes Werk. Der mehrfach ausgezeichnete Filmemacher («Taxi Teheran») ist im Juli festgenommen worden. Er hat in der Vergangenheit trotz Arbeitsverbots im Iran und Ausreisesperre mehrere Filme gedreht.

Iranischer Star-Regisseur in Haft

In Venedig wurde am Freitag bei der Pressekonferenz zum Film ein Platz mit seinem Namensschild symbolisch freigelassen. Vor der Premiere machten Filmschaffende und Künstler auf dem roten Teppich mit einem Flashmob auf die Situation Panahis und anderer Künstler aufmerksam.

Auf viel positive Resonanz stieß während des Festivals ansonsten das Drama «Tár» von Regisseur Todd Field. Cate Blanchett spielt die fiktive erste Chefdirigentin der Berliner Philharmoniker namens Lydia Tár. Sie hat alles erreicht, was man als Dirigentin schaffen kann. Um sich in der patriarchalen Klassikwelt zu behaupten, hat sie eine spröde Kompromisslosigkeit entwickelt. Doch dann gerät ihr Leben wegen Missbrauchsvorwürfen aus dem Ruder. Blanchett brilliert in der Rolle einer Frau, die meist kühl wirkt. Es sei denn, sie verbringt Zeit mit der Tochter ihrer Partnerin Sharon (Nina Hoss) – oder steht am Dirigentenpult.

«Bones and All» hat Chancen

Gut kam auch das Drama «Bones and All» von Luca Guadagnino mit Taylor Russell und Timothée Chalamet an. Der Film erzählt von zwei Außenseitern, die in ihrer Liebe zueinander eine Art Heimat finden. Doch obwohl es sich bei den Beiden um Kannibalen handelt, schafft es Guadagnino, aus «Bones and All» eine sensible Liebesgeschichte zu machen.

Am meisten zu lachen gab es wohl im Wettbewerbsfilm «The Banshees of Inisherin» von Martin McDonagh. Colin Farrell spielt in dieser schwarzen Komödie den Iren Pádraic, dessen bis dato bester Freund Colm (Brendan Gleeson) plötzlich und ohne Grund beschließt, ihre Freundschaft zu beenden. Völlig irritiert versucht Pádraic, die Freundschaft wieder aufleben zu lassen, und akzeptiert das Nein seines ehemaligen Freundes nicht. Dieser greift daraufhin zu drastischen Mitteln. Ein Film mit sehr individuellen Charakteren und voller amüsanter Dialoge.

«Saint Omer» bei den Kritikern beliebt

Unter Kritikern beliebt war wiederum das kunstvolle Drama «Saint Omer». Regisseurin Alice Diop erzählt darin von Rama (Kayije Kagame), einer Dozentin und Schriftstellerin, die einen Prozess gegen eine junge Frau verfolgt, die ihr Baby umgebracht haben soll. Rama will daraus ein Buchprojekt machen. Doch der Prozess gegen die senegalesisch-französische Angeklagte macht Rama emotional zu schaffen. Erinnerungen an die komplizierte Beziehung zu ihrer eigenen Mutter erschüttern sie. «Saint Omer» ist ein emotionales Werk über Mutterschaft und Rassismus. Diop wäre seit 1949 erst die siebte Frau, die den Goldenen Löwen gewinnt.

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