Schauspielerin Pauline Pollmann spielt im Cannes-Eröffnungsfilm mit. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Christian Charisius/dpa)

Pauline Pollmann – Von der Hafenkante bis nach Cannes

Einmal Prinzessin sein – ein uralter Traum, den bis zum heutigen Tag manches kleine Mädchen gern träumt. Doch wahr wird er nur äußerst selten. Der jungen Norddeutschen Pauline Pollmann ist allerdings genau das passiert – wenngleich auf der Leinwand. Im üppig ausgestatteten Historiendrama «Jeanne du Barry» von und mit der preisgekrönten französischen Filmemacherin Maïwenn («Die Meinen») spielt sie in Korsettrobe und großer Perücke die legendäre Rokoko-Königin Marie Antoinette – eine geborene Prinzessin von Österreich-Lothringen (1755-1793).

Einer ihrer Partner: Hollywoodgröße Johnny Depp (59, «Fluch der Karibik») als König Ludwig XV. Auch der 88-jährige Kinostar Pierre Richard («Asterix & Obelix im Reich der Mitte») sowie India Hair («Die Linie») sind dabei unter anderen zu erleben. An diesem Dienstag wird «Jeanne du Barry» die 76. Internationalen Filmfestspiele von Cannes eröffnen. Und die 20-jährige Abiturientin Pollmann darf dort erstmals mit auf einem roten Teppich stehen.

Mit acht, neun Jahren bei Theaterkursen

Sie sei gespannt auf Cannes, wo sie den Film erstmals auf großer Leinwand sehe, sagt die in Hamburg geborene und vor den Toren der Stadt in Schleswig-Holstein aufgewachsene Nachwuchsschauspielerin kurz vor dem großen Auftritt zur Deutschen Presse-Agentur. Dabei trinkt sie einen Latte macchiato in der Hamburger HafenCity.

«Ich wollte schon als kleines Kind Schauspielerin werden. Nämlich, wenn ich mit meinen Freundinnen stundenlang im Garten Geschichten erzählt und dargestellt habe», sagt Pollmann. Und ergänzt lachend: «Auf Fotos sieht man mich tatsächlich als einzige unter ihnen in Prinzessinnkleidern.»

Dass ihr Vater als Fernsehproduzent arbeitet, habe sie ihrem Ziel eher nicht nähergebracht, erklärt sie. Denn als Branchen-Insider habe er gewusst, was es für ein Kind bedeute, wenn es zum Casting gehe und es heiße: Danke, nein. «Das kann ihm das Herz brechen. Also haben meine Eltern mir gesagt, sie wollten es lieber nicht.» Doch die einzige Tochter setzte sich durch und ging mit acht, neun Jahren zu Theaterkursen und Workshops.

Sie fand Johnny Depp sehr sympathisch

Dort sei eine Agentur auf sie aufmerksam geworden, erzählt Pollmann. Die habe ihr immer mal wieder kleine Fernsehrollen angeboten, für die sie dann von der Schule freibekam. So spielte sie als Teenager im auf Fakten beruhenden ARD-Mehrteiler «Gladbeck» (2018) die Ex-Freundin eines Jugendlichen, der von Geiselnehmern erschossen wird. «Das war eine sehr intensive Erfahrung», erinnert sich die junge Frau, «doch das Spielen hat mir eben auch viel Spaß gemacht.»

Ihre Agentur vermittelte Pollmann denn auch vor zwei Jahren ein Video-Casting für den damals noch geheimen Film Maïwenns. Etliche Castings sowie Crash-Sprachkurse in Paris später erfuhr Pollmann von der Regisseurin, Co-Autorin und Hauptdarstellerin, dass sie die Rolle bekommt. «Ich wusste gar nicht, was ich sagen sollte – und habe dann erst einmal zwei Wochen nicht aufgehört zu lächeln. Es war wirklich wie im Märchen», schildert die 20-Jährige ihre Reaktion.

Warum mag man bei der Besetzung an sie gedacht haben? «Ich glaube, ich habe ein historisches, weil recht ovales Gesicht», meint Pollmann. Bei den Dreharbeiten von Juli bis Oktober 2022 in Pariser Studios, in den Gärten von Versailles sowie Schlössern wie Vaux-le-Vicomte habe sie sich dann erst einmal in die stilvolle französische Lebensart verliebt.

Und wie war es mit Maïwenn und besonders Depp, der in den vergangenen Jahren oft wegen privater Querelen in die Schlagzeilen geraten war? «Ich fand ihn sehr sympathisch, sehr zuvorkommend», so die Norddeutsche – und lächelt in Erinnerung an die erste Begegnung. «Es war am ersten Drehtag, ich hatte gerade meine Brille nicht auf. Da winkte unsere Regisseurin mich heran – und ich sah verschwommen jemanden neben ihr stehen, der sich nach und nach als Johnny Depp herausstellte.»

Jetzt kommt erstmal wieder «Notruf Hafenkante»

Er habe dann länger mit ihr geredet, gefragt, ob sie schon aufgeregt sei, und Witze gemacht. «Ich hatte nicht das Gefühl, ich rede mit einem Weltstar. Es war total auf Augenhöhe.» Und wie ging es Pollmann in den in Rom maßgefertigten Kostümen? Sie habe sich «megawohlgefühlt», kommt ihre Antwort schnell. «Es ist ein Traum – man blickt in den Spiegel und erkennt sich nicht wieder.» Mit einem Korsett habe man sofort eine andere Haltung – könne aber nicht besonders tief atmen. Als Marie Antoinette, die bekanntlich später enthauptet wird, ist Pollmann in Konflikt mit dem König und dessen Geliebter Jeanne du Barry, einer Frau aus einfachsten Verhältnissen.

Wo sieht die sportbegeisterte 20-Jährige den Sinn des Films über die Zeit kurz vor der Revolution 1789 für uns heute? «Es ist die Geschichte einer Frau, die da eigentlich nicht reinpasst, denn sie ist ja eine von der Straße. Die die Regeln am Hof komplett umwirft – mit großer Lebensfreude und Frechheit. Und da ist diese wahre Liebe zwischen ihr und dem König», formuliert Pollmann – «es geht also um eine starke Frau.»

Und neue beruflichen Pläne? «Derzeit drehe ich an drei Episoden der ZDF-Serie «Notruf Hafenkante», wo ich die Tochter einer Hauptkommissarin spiele. Das wird wohl im Herbst ausgestrahlt», sagt Pollmann. Später würde sie gern Schauspiel studieren – zunächst aber ohne Druck ihre Möglichkeiten sondieren. «Durch den Film habe ich Lebenserfahrung gewonnen», zieht sie erste Bilanz. «Und ich glaube, nach jedem Projekt fühlt sich alles leichter an.»

Von Ulrike Cordes, dpa

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