Sabine (Friederike Ott, l-r), Dr. Adrian Goser (Martin Wuttke) und Amina (Anabel Möbius) in einer Szene aus dem «Tatort: Leben Tod Ekstase». (Urheber/Quelle/Verbreiter: Bettina Müller/HR/dpa)

Psychedelischer Frankfurter «Tatort»

Wie auf einem schlechten Drogentrip fühlen sich die Frankfurter Kommissare Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch) im neuen «Tatort» des Hessischen Rundfunk, den das Erste an diesem Sonntag (16. Oktober) um 20.15 ausstrahlt.

Was insbesondere daran liegt, dass die Ermittler in dem von Nikias Chryssos inszenierten Krimi «Leben Tod Ekstase» sich mit dem Ableben von sechs Männern und Frauen nach einer Drogenparty unter ärztlicher Aufsicht befassen müssen. Sie alle waren Patienten von Adrian Goser (Martin Wuttke), eines umstrittenen Psychoanalytikers, zugleich der einzige Überlebende des psychedelischen Horrortrips. Er hatte sich anders als die Patienten mit Apfelsaft statt Drogencocktail begnügt.

Der eher handfeste Brix, der sich gemeinsam mit Janneke in vorangegangenen Frankfurter Fällen schon bisweilen gepflegt die Kante gegeben hat, mag zwar der frustbewältigenden Wirkung des Alkohols vertrauen. Gosers Theorie, dass die Patienten durch psychedelische Drogen zu einer absoluten Selbsterkenntnis gelangen, hält er dagegen für ziemlichen Blödsinn und hält damit auch nicht hinter dem Berg.

Negative Energien

Da werden bei den Ermittlungen ziemlich schnell negative Energien spürbar. Janneke steht dem Ganzen schon interessierter gegenüber, auch wenn sie im Gespräch mit Goser einen LSD-Trip kategorisch für die Zeit vor dem Ruhestand ausschließt.

Gerade die Dialoge zwischen den Ermittlern und Goser, den Wuttke als mal zynischen, mal leicht dämonischen Ergründer menschlicher Abgründe spielt, prägen diesen «Tatort» als psychologisches Kammerspiel mit zunehmend bedrohlicher Aura. Mal ist er der Marionettenspieler, der die Kontrolle über seine Patienten hat, mal der Mann der leisen Töne und kleinen Gesten. Beim «Tatort» ist Wuttke kein Unbekannter: Einst ermittelte er für den MDR in Leipzig als Kommissar Andreas Keppler.

«Das psychedelische Element der Geschichte sollte sich auch im Film übertragen, und ich wollte möglichst trippig und immersiv werden», sagte Regisseur Nikias Chryssos, der zusammen mit Michael Comtesse auch das Drehbuch schrieb. Rückblenden auf Drogentrips zwischen Horror und der titelgebenden Ekstase tragen genau dazu bei.

Übrigens: Psycholyse, wie die im «Tatort» angewandte Therapie Gosers genannt wird, wurde tatsächlich in den 1950er Jahren entwickelt. In Deutschland wird sie von den Krankenkassen allerdings nicht zugelassen und ist auch wissenschaftlich nicht anerkannt.

Kein Wunder also, dass die Patienten Gosers alle begütert waren. So auch die Botschafter-Tochter und Performance-Künstlerin Ellen (Aenne Schwarz), die allerdings schon vor einem Jahr verschwand und sowohl mit ihrer Kunst als auch in der Therapie das Trauma einer Entführung und ihrer Selbstverletzungen aufarbeiten wollte. Hat ihr Verschwinden etwas mit den Todesfällen zu tun? Was ist damals geschehen?

Rauschhafte Erinnerungen

Eine Tatortbegehung, zu der Goser als Hauptverdächtiger aus der Untersuchungshaft in seine prunkvolle Villa geholt wird, führt dann zu Eskalation. Statt eines Geständnisses gibt es nur rauschhafte Erinnerungen.

Und dann sitzen die Ermittler und ihr Verdächtiger plötzlich in der Falle: Eine unbekannte Person verriegelt alle Zugänge zur Villa, ein Störsender legt das Funksignal lahm, ein erster Schuss fällt. Die sechs Toten der ersten Minuten dieses Tatorts werden nicht die letzten bleiben – und um aus der Falle zu kommen, müssen die Kommissare ganz neue Allianzen schließen. Am Ende stehen die Einsicht, wie nützlich doch ein Walpenis sein kann, und ein neuer Umgangston zwischen Brix und Janneke.

Von Eva Krafczyk, dpa

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