Altkönig Juan Carlos trifft sich mit seiner Familie in Madrid. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Lalo R. Villar/AP/dpa)

Spaniens Altkönig gelingt keine Wiedergutmachung

Das Wiedersehen des umstrittenen spanischen Altkönigs Juan Carlos mit seinem Sohn und Nachfolger Felipe VI. zum Abschluss des ersten Heimatbesuchs nach fast zwei Jahren fand in Madrid unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Die vielen Journalisten und Kameramänner aus dem In- und Ausland, die sich vor dem entlegenen Zarzuela-Palast nordwestlich der Hauptstadt postiert hatten, bekamen am Montag nur zu sehen, wie der Wagen mit dem 84-Jährigen in die königliche Residenz fuhr. Aber die meisten Beobachter sind sich auch ohne Bilder und Königshaus-Informationen einig: Das Wiedersehen war mit Sicherheit alles andere als froh und entspannt. Ein «Klima des Unbehagens» sei vorprogrammiert gewesen, schrieb etwa die renommierte Zeitung «El País» groß auf Seite eins.

Hat Juan Carlos seine Chance verpasst?

Auch der erfahrene Journalist Fernando Ónega, der sich wie kaum ein Zweiter in Spanien in Sachen Königshaus auskennt, sagte am Montag im staatlichen Fernseh-Sender RTVE, der bisherige Verlauf des ersten Besuchs des Bourbonen seit dem überstürzten Umzug ins Emirat im Sommer 2020 habe die Lage zusätzlich «kompliziert».

Die «Operation Wiedergutmachung» – wie Medien den Besuch nannten – ging also total in die Hose. Warum? Regierungssprecherin Isabel Rodríguez nahm im Radiointerview kein Blatt vor den Mund: Juan Carlos habe «eine Chance verpasst», die Bürger «um Verzeihung zu bitten» und die «weder ethischen noch vorbildhaften Handlungen der vergangenen Jahre zu erklären». Sprecher des Juniorpartners der Koalition, der Partei Unidas Podemos (UP), äußerten sich noch drastischer. «Juan Carlos lacht uns alle aus», hieß es etwa.

Man muss wissen: Die jahrelangen Ermittlungen wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten hatte die Staatsanwaltschaft im März nur eingestellt, weil Juan Carlos entweder durch seine Immunität als König bis zu seiner Abdankung im Juni 2014 geschützt war, die Taten verjährt waren oder er Steuern in Millionenhöhe eilig nachzahlte. In der Begründung beschrieben Staatsanwälte die Verfehlungen jedoch minuziös und machten sie einer breiteren Öffentlichkeit bekannt.

Juan Carlos hatte die ersten vier Tage seines insgesamt fünftägigen Kurzbesuches bei sehr engen und wohlhabenden Segel-Freunden im Hafenort Sanxenxo im Nordwesten des Landes verbracht. Dort und auch vor dem Zarzuela-Palast wurde er zwar von einigen Dutzenden Fans mit Spanien-Fahnen, Hochrufen, Beifall und Begrüßungsplakaten gefeiert. «Viva el Rey!» (Hoch lebe der König), skandierten sie.

Die meisten Spanier sind sauer

Das täuscht aber nicht darüber hinweg, dass der Altkönig die meisten Spanier mit seiner offen zur Schau getragenen Nonchalance zur Weißglut trieb. Es gab Proteste von Hunderten gegen den Besuch. Und sogar die Starkolumnistin der monarchiefreundlichen Zeitung «El Mundo», Lucia Mendes, sprach Klartext: «Das letzte, was das Königshaus wollte, war so ein Zirkus.» Dass einige konservative Politiker Juan Carlos in Schutz nähmen sei unverständlich.

«El País» schrieb, Felipe hätte es viel lieber gesehen, wenn Juan Carlos etwa einen Arzttermin zum Anlass seines Besuchs genommen und sich «taktvoller» verhalten hätte. Das Königshaus befürchte, dass der Besuch der Monarchie trotz Felipes tugendhaften Verhaltens weiteren Imageschaden zufügen werde. «Mit seinen Segelausflügen, den Gelagen mit Meeresfrüchten und seinen Kumpanen ist Juan Carlos zum schlimmsten Feind seines Sohnes geworden», hieß es in RTVE.

Es ist nicht so, dass der gesundheitlich angeschlagene und auf einen Gehstock angewiesene Juan Carlos in Spanien keine Chance bekommen hätte, eine klärende Stellungnahme abzugeben. Erst am Sonntag, nachdem er mit Kollegen der Rennjacht «Bribón» eine Regatta gewonnen hatte, war er von einer Journalistin gefragt worden, ob er seinem Sohn am Montag etwas erläutern würde. Die Antwort des Altkönigs durch das offene Fenster des Beifahrersitzes ließ eine Welle der Empörung hochschlagen: «Was soll ich erklären?»

Das Wiedersehen des Mannes, der fast 40 Jahr lang Staatsoberhaupt von Spanien war, mit König Felipe (54) und Königin Letizia (49), mit seiner Gattin Sofía (83) sowie möglicherweise mit weiteren Familienmitgliedern stand nicht auf der offiziellen Agenda des Königshauses. Medien berichteten, es werde ein Mittagessen geben. Nach mehr als fünf Stunden war Juan Carlos immer noch im Palast. Am 10. Juni will er wiederkommen – aber wohl nur nach Sanxenxo, wie Bürgermeister Telmo Martín verriet. Die Freunde halten halt zu ihm.

Von Emilio Rappold, dpa

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