«United by Music» lautet das diesjährige ESC-Motto. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Corinne Cumming/EBU/dpa)

Englands ESC für die Ukraine

Schweden und Finnland landen ganz vorne, Deutschland eher wieder hinten, Peter Urban sagt Bye, Jan Böhmermann kommentiert für Österreich und die Briten bringen mit ihrem Humor eine tolle Show in Liverpool über die Bühne: So ließe sich mit wenigen Worten und Mutmaßungen der diesjährige Eurovision Song Contest beschreiben.

Wie es wirklich kommen wird – vor allem bei den Platzierungen – steht erst in der Nacht vom 13. auf den 14. Mai fest. Dann werden gegen 1 Uhr früh alle Punkte in der traditionell komplizierten Verkündung vergeben worden sein. Und Europa schien wenigstens wieder einen Abend im Jahr per Fernsehshow eine große Familie zu sein. Das Motto des ESC 2023, an dem 37 Länder teilnehmen, von denen aber nur 26 im Finale antreten, heißt «United by Music» (Vereint durch Musik).

Warum der ESC in Liverpool stattfindet

Aufgrund des russischen Angriffskrieges in der Ukraine trägt diesmal Großbritannien als zweitplatziertes Land des Vorjahres den ESC aus. Dabei arbeitet die BBC mit der Ukraine zusammen. In Turin 2022 hatte die ukrainische Band Kalush Orchestra mit dem Titel «Stefania» gewonnen, der Brite Sam Ryder landete mit «Space Man» dahinter. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wollte den Song Contest 2023 zunächst in der Ukraine stattfinden lassen. Nach Verhandlungen mit der Ukraine verkündete die austragende Europäische Rundfunkunion (EBU/European Broadcasting Union) jedoch am 23. Juni 2022, die Veranstaltung nicht in der Ukraine zu organisieren.

UK – also das United Kingdom – hatte sich bereiterklärt einzuspringen. In der engeren Auswahl waren dort nun Städte wie Manchester, Birmingham, Newcastle, Leeds und Sheffield, am Ende nur noch Glasgow und Liverpool. Am 7. Oktober wurde offiziell, dass die Beatles-Stadt Liverpool den Zuschlag erhalten hat.

Die Location

Schauplatz ist nun also die Liverpool Arena – auch M&S Bank Arena genannt – mit bis zu 11.000 Plätzen. Da das Vereinigte Königreich nur für die Ukraine einspringt, soll die Bühne eine Art Umarmung symbolisieren. Auf mehr als 450 Quadratmetern Bühne gibt es unabhängig voneinander bewegliche und drehbare Videobildschirme sowie über 700 in den Boden integrierte Videokacheln und mehr als einen Kilometer LED-Leuchten. Zur Enthüllung der Bühne kamen im April König Charles III. und Queen Camilla.

Die Moderatoren

Die beiden Halbfinals am 9. und 11. Mai moderieren die ukrainische Sängerin Julia Sanina, die Schauspielerin Hannah Waddingham («Game of Thrones») und die «Britain’s Got Talent»-Jurorin Alesha Dixon als Frauen-Trio. Beim Finale am 13. Mai kommt eine der bekanntesten Fernsehpersönlichkeiten der englischsprachigen Welt hinzu: der legendäre Talkmaster, Moderator, Schauspieler und Autor Graham Norton (60). Der offen schwule Comedian kommentiert seit 2009 mit viel Witz die ESC-Shows für die BBC.

In seiner auch international bekannten Talk-Sendung «The Graham Norton Show» bringt der gebürtige Ire regelmäßig große Stars dazu, Lustiges aus ihrem Leben zu erzählen. ESC-Fans kennen Norton auch aus der Netflix-Komödie «Eurovision Song Contest: The Story of Fire Saga». Norton will trotz Moderatorenjobs das Finale auch kommentieren und deshalb irgendwie zwischen Bühne und Kommentatorenbox an dem Abend pendeln. Auch der ukrainische Kommentator Timur Miroschnytschenko wird bei den Shows mitmischen.

Letzte Shows mit der deutschen ESC-Stimme Peter Urban

In Deutschland gehörte die tiefe Stimme von NDR-Urgestein Peter Urban jahrzehntelang zum ESC. Seit 1997 führte der Hamburger bei der ARD-Übertragung durch den europäischen Gesangswettbewerb – mit einer Mischung aus Ruhe, Expertise und feiner Ironie. Nur ein Mal musste er wegen Krankheit aussetzen. Nun hört der 75-Jährige auf. Nicht selten sprach der gebürtige Niedersachse den Zuschauern aus der Seele.

Mit Diskussionen oder gar Begründungen, warum Deutschland einen schlechten Platz beim ESC belegte, hielt er sich stets zurück. «Ich bin nicht derjenige, der hier irgendwelche Dinge beurteilen soll, sondern ich soll das kommentieren. Und ich kann nicht für alles Erklärungen finden», sagte er der dpa dazu.

Als Gegenprogramm zu Urban können ESC-Fans in diesem Jahr auch Ausführungen von Jan Böhmermann und Olli Schulz live aus Liverpool folgen. Die beiden kommentieren für den österreichischen Rundfunk, für die ORF-Mediathek und den Radiosender FM4. Österreichs TV-Kommentator ist Andi Knoll.

Die Halbfinals

Das erste Semifinale am 9. Mai hat 15 Teilnehmerländer (unter anderem die Schweiz, Israel, Schweden und die Niederlande), das zweite am 11. Mai dann 16 (unter anderem Österreich, Belgien, Polen und zum achten Mal Australien (das Land darf seit 2015 mitmachen)). Deutschland ist als einer der großen Geldgeber mit der Hamburger Rock-Band Lord Of The Lost («Blood & Glitter») automatisch gesetzt fürs Finale am 13. Mai – wie auch Italien, Frankreich, Spanien, Großbritannien und das Vorjahressiegerland Ukraine.

Deutschland darf beim ersten Semi-Finale mitabstimmen. Ab diesem Jahr ist in den ESC-Halbfinalshows die Jury abgeschafft. Es soll nur noch das Televoting darüber entscheiden, welche Acts ins Finale einziehen.

Von Gregor Tholl, dpa

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